„Schwarze Aussichten für die blaue Racke?“ – 2018 brütete erstmals kein Blaurackenpaar in Österreich
20. Dezember 2018
Eine Gruppe von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern des Naturhistorischen Museums
Wien und von BirdLife Österreich veröffentlichte nun die erste umfassende genetische Untersuchung der Blauracke.
Die
Blauracke ist einer der farbenprächtigsten Vögel Europas. Albrecht Dürer setzte ihr in Aquarellen, die heute in der Albertina
in Wien aufbewahrt werden, bereits in der Renaissance ein künstlerisches Denkmal. In Österreich ist es um den bunten Vogel
jedoch schlecht bestellt. Während die Bestände auf der Iberischen Halbinsel sowie in Ungarn und weiter im Osten Europas noch
vital sind, ist die Blauracke hierzulande ungeachtet von Schutzmaßnahmen so gut wie ausgestorben. Eine Gruppe von Wissenschafterinnen
und Wissenschaftern des Naturhistorischen Museums Wien und von BirdLife Österreich veröffentlichte nun die erste umfassende
genetische Untersuchung der Blauracke.
Gab es in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Österreich allein in der Steiermark noch fast 300 Brutpaare, ist diese Population heutzutage auf ein winziges Restvorkommen von unter 20 Vögeln im Südosten des Bundeslandes zusammengeschmolzen. Die Anzahl der Brutpaare ist weiterhin rückläufig, und 2018 war das erste Jahr ohne Brut. Lediglich einige wenige nichtbrütende Altvögel sind heuer aus dem afrikanischen Überwinterungsgebiet zurückgekehrt.
In ihrer jetzt online veröffentlichten Studie (Nebel et al., Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jzs.12256), die von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft, dem Joanneum-Verein Graz, BirdLife Österreich sowie dem Verein der geprüften Wiener Fremdenführer finanziell unterstützt wurde, präsentieren Wissenschafterinnen und Wissenschafter des Naturhistorischen Museums Wien und von BirdLife Österreich umfangreiche genetische Ergebnisse über die Blauracke. Hierfür standen Proben von Nestlingen zur Verfügung, die im Rahmen eines Monitorings zwischen 2003 und 2015 in der Steiermark beringt worden waren. Dazu kamen Racken, die als Belegexemplare in der Vogelsammlung des NHM Wien aufbewahrt werden. Sie stammen aus einer Zeit, in der die Racken noch in größerer Zahl vorkamen. Auch Vergleichsmaterial aus anderen europäischen und asiatischen Ländern wurde in die genetische Analyse einbezogen.
Deutlich war der Verlust genetischer Vielfalt im Gefolge des Populationszusammenbruchs feststellbar. Während die Proben historischer Rackenbelege aus Österreich aus den Jahren zwischen 1874 und 1931 genetisch äußerst variabel waren, sank die Diversität von Vögeln aus späteren Jahren stetig, bis schließlich in der Gegenwart die Racken genetisch einander extrem stark ähnelten. Neben dem zahlenmäßigen Rückgang hat die Population demnach auch eine massive genetische Verarmung erlitten. Dies und der Anstieg von Inzucht ist zusammen mit dem Verlust an geeigneten Lebensräumen möglicherweise dafür verantwortlich, dass die verbliebenen Vögel immer seltener bzw. gar nicht mehr brüten.
Während sich der erste Teil der zitierten Arbeit regional mit dem Aussterben der Blauracke in Österreich beschäftigt, wurden in einem zweiten Teil der Studie die österreichischen sowie weitere europäische Blauracken mit ihren asiatischen Artgenossen, die traditionell einer anderen Unterart zugerechnet werden, verglichen. Auch genetisch unterschieden sich die beiden Unterarten deutlich, während Populationen Ost- und Südosteuropas der ursprünglichen österreichischen genetisch sehr ähnlich sind. Es spräche daher nichts dagegen, die steirische Population mit Vögeln aus Ost- und Südosteuropa aufzustocken, um ihr sowohl numerisch als auch genetisch „unter die Flügel“ zu greifen. Ob das jedoch bei einer so stark isolierten Reliktpopulation, die sich auf natürlichem Wege schon seit Langem nicht mehr mit den weit entfernt vorkommenden Beständen austauschen kann, erfolgversprechend wäre, ist zumindest fraglich. Wahrscheinlich ist, dass die Blauracke hierzulande in naher Zukunft aussterben wird und dann nur mehr in Museen bewundert werden kann. In der heimischen Vogelwelt gibt es neben der Blauracke weitere Kulturlandschaftsfolger, deren Bestände in Österreich stark rückläufig sind, z.B. das Braunkehlchen. Um das Verschwinden dieser Arten zu verhindern, müssen Schutzmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden und nicht erst dann, wenn sie kurz vor dem Aussterben stehen.
Rückfragehinweis:
Mag. Irina Kubadinow
Leitung Kommunikation & Medien,
Pressesprecherin
Tel.: ++ 43 (1) 521 77 DW 410
Mobil: 0664 415 28 55
irina.kubadinow@nhm-wien.ac.at
Dr. Frank Zachos
Leitung der Säugetiersammlung
Tel.: ++ 43 (1) 521 77 DW 550
frank.zachos@nhm-wien.ac.at
Gab es in der Mitte des 20. Jahrhunderts in Österreich allein in der Steiermark noch fast 300 Brutpaare, ist diese Population heutzutage auf ein winziges Restvorkommen von unter 20 Vögeln im Südosten des Bundeslandes zusammengeschmolzen. Die Anzahl der Brutpaare ist weiterhin rückläufig, und 2018 war das erste Jahr ohne Brut. Lediglich einige wenige nichtbrütende Altvögel sind heuer aus dem afrikanischen Überwinterungsgebiet zurückgekehrt.
In ihrer jetzt online veröffentlichten Studie (Nebel et al., Journal of Zoological Systematics and Evolutionary Research https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jzs.12256), die von der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft, dem Joanneum-Verein Graz, BirdLife Österreich sowie dem Verein der geprüften Wiener Fremdenführer finanziell unterstützt wurde, präsentieren Wissenschafterinnen und Wissenschafter des Naturhistorischen Museums Wien und von BirdLife Österreich umfangreiche genetische Ergebnisse über die Blauracke. Hierfür standen Proben von Nestlingen zur Verfügung, die im Rahmen eines Monitorings zwischen 2003 und 2015 in der Steiermark beringt worden waren. Dazu kamen Racken, die als Belegexemplare in der Vogelsammlung des NHM Wien aufbewahrt werden. Sie stammen aus einer Zeit, in der die Racken noch in größerer Zahl vorkamen. Auch Vergleichsmaterial aus anderen europäischen und asiatischen Ländern wurde in die genetische Analyse einbezogen.
Deutlich war der Verlust genetischer Vielfalt im Gefolge des Populationszusammenbruchs feststellbar. Während die Proben historischer Rackenbelege aus Österreich aus den Jahren zwischen 1874 und 1931 genetisch äußerst variabel waren, sank die Diversität von Vögeln aus späteren Jahren stetig, bis schließlich in der Gegenwart die Racken genetisch einander extrem stark ähnelten. Neben dem zahlenmäßigen Rückgang hat die Population demnach auch eine massive genetische Verarmung erlitten. Dies und der Anstieg von Inzucht ist zusammen mit dem Verlust an geeigneten Lebensräumen möglicherweise dafür verantwortlich, dass die verbliebenen Vögel immer seltener bzw. gar nicht mehr brüten.
Während sich der erste Teil der zitierten Arbeit regional mit dem Aussterben der Blauracke in Österreich beschäftigt, wurden in einem zweiten Teil der Studie die österreichischen sowie weitere europäische Blauracken mit ihren asiatischen Artgenossen, die traditionell einer anderen Unterart zugerechnet werden, verglichen. Auch genetisch unterschieden sich die beiden Unterarten deutlich, während Populationen Ost- und Südosteuropas der ursprünglichen österreichischen genetisch sehr ähnlich sind. Es spräche daher nichts dagegen, die steirische Population mit Vögeln aus Ost- und Südosteuropa aufzustocken, um ihr sowohl numerisch als auch genetisch „unter die Flügel“ zu greifen. Ob das jedoch bei einer so stark isolierten Reliktpopulation, die sich auf natürlichem Wege schon seit Langem nicht mehr mit den weit entfernt vorkommenden Beständen austauschen kann, erfolgversprechend wäre, ist zumindest fraglich. Wahrscheinlich ist, dass die Blauracke hierzulande in naher Zukunft aussterben wird und dann nur mehr in Museen bewundert werden kann. In der heimischen Vogelwelt gibt es neben der Blauracke weitere Kulturlandschaftsfolger, deren Bestände in Österreich stark rückläufig sind, z.B. das Braunkehlchen. Um das Verschwinden dieser Arten zu verhindern, müssen Schutzmaßnahmen rechtzeitig eingeleitet werden und nicht erst dann, wenn sie kurz vor dem Aussterben stehen.
Rückfragehinweis:
Mag. Irina Kubadinow
Leitung Kommunikation & Medien,
Pressesprecherin
Tel.: ++ 43 (1) 521 77 DW 410
Mobil: 0664 415 28 55
irina.kubadinow@nhm-wien.ac.at
Dr. Frank Zachos
Leitung der Säugetiersammlung
Tel.: ++ 43 (1) 521 77 DW 550
frank.zachos@nhm-wien.ac.at