Während ein Großteil der Altbestände aufgrund der Heterogenität und Unvollständigkeit für unsere gegenwärtigen Fragestellungen
nur bedingt herangezogen werden kann, sind die umfangreichen und gut dokumentierten Skelettpopulationen, welche bei systematischen
Rettungs- und Forschungsgrabungen seit etwa 1970 geborgen werden (u.a. Skelettserien aus dem Neolithikum, der frühen Bronze-
und Eisenzeit, dem Frühmittelalter), von ganz besonderer Relevanz für die Erforschung und Rekonstruktion von Umwelt- und Lebensbedingungen
früher prähistorischer Gesellschaften in unserer Region.
Im Zentrum stehen Fragen der Paläoepidemiologie, Demographie, Ernährung, Bevölkerungsbewegung, sowie die Dokumentation und
Diskussion medizinhistorisch relevanter Befunde. Die osteologischen Sammlungsobjekte wurden und werden von den Kustoden in
der Regel nach bestimmten Qualitäts- und Quantitätsmerkmalen selektioniert und akquiriert („Seltenheit", „comperativ-anatomischer"
Wert, Datierung, u.a.). In der Zusammensetzung der Kollektion spiegelt sich daher auch das Forschungsinteresse, die wissenschaftlichen
Konzepte und auch die Popularisierungsabsichten verschiedener Epochen und damit die museale Fachentwicklung seit der Etablierung
der Abteilung im Jahre 1876 wieder.
Die Sammlung ist daher auch für reflexive Analysen der Forschungskonzepte im historischen Kontext, insbesondere auch für die
Zeit der politischen Instrumentalisierung, von Bedeutung. Das handschriftliche und EDV-Inventar umfaßt 24.000 Individuen,
die Neuzugänge werden laufend restauriert, dokumentiert und inventarisiert; fallweise werden Ausgliederungen und Rückstellungen
von Beständen vorgenommen.