Roseldorf
Durch eine Grabung des Naturhistorischen Museums Wien wurde auf dem Sandberg bei Roseldorf (Niederösterreich) eine umfangreiche
Fundstelle der Mittellatènezeit aufgedeckt. Es handelt sich um eine große Siedlung der keltischen Boier von zentraler Bedeutung.
Das bisher zur Untersuchung gelangte Tierknochenmaterial stammt teils aus Siedlungshäusern und teils aus dem „großen Heiligtum
1“, einem quadratischen Grabensystem zweifellos kultischer Bedeutung, dessen nächste Entsprechungen sich im gallischen Raum
finden. Die Bearbeitung weiterer umfangreicher Knochenfundkomplexe aus kleineren und größeren Kultanlagen ist im Gange oder
steht noch bevor.
Um eine geeignete Vergleichsbasis zu erhalten, wurde zunächst das Siedlungsmaterial aufgearbeitet. Es ergab grundsätzlich
die für die Latènezeit bereits bekannten Resultate, wies aber auch auf einen beginnenden Urbanisierungsprozess hin. Das quadratische
Grabensystem enthielt neben Militaria vor allem ein Konvolut aus menschlichen und tierischen Knochen. Während die menschlichen
Knochen überwiegend aus teilweise zerschlagenen Femora und Tibien bestehen, verteilten sich die über 10000 bestimmbaren tierischen
Knochen über den gesamten Körper. Skelette oder Teilskelette liegen nicht vor.
Repräsentanz und Zustand der einzelnen Elemente zeigt keine grundsätzlichen Abweichungen vom Schlachtabfall, doch zeigt sich
in den unteren Schichten eine klare Verschiebung der Artanteile zugunsten der großen Arten Rind und Pferd. Es dürfte sich
bei dieser Ablagerung um Reste von Festmählern im Zuge von Feierlichkeiten handeln, bei denen der Verzehr von Rind- und Pferdefleisch
von ritueller Bedeutung war.
Als ganz unerwartete und aufsehenerregende Funde müssen Rinderknochen bezeichnet werden, deren Dimension weit oberhalb der kleinwüchsigen keltischen Rinder liegt. Radiocarbondaten ergaben frühes 3. Jh. v. Chr. Wie die eingehende vergleichend morphologische Untersuchung gezeigt hat, stammen diese Knochen mit größter Wahrscheinlichkeit von Rindern, wie sie aus der Römischen Kaiserzeit wohl bekannt und zur Latènezeit bereits in Mittelitalien nachzuweisen sind. Eventuell gelangten sie durch Vermittlung kriegerischer Keltenstämme, die sich zu dieser Zeit in Mittel- und Norditalien niederließen über die Alpen.
In den letzten Jahren wurde ein weiteres quadratisches Grabensystem ausgegraben, dessen Knocheninhalt abweichend beschaffen
war. Hier fanden sich neben Schlachtabfällen und Menschenknochen auch mehrere Skelette von Pferden mit teilweise noch in situ
befindlicher Zäumung, deren Deutung als Opfergaben nicht in Frage steht.
Stillfried
Im Zuge des seitens der Österreichischen Akademie der Wissenschaften initiierten Forschungsprojektes „Mensch- und Tierdepositionen,
Opferkult in Stillfried?“ wird u. a. auch die Aufarbeitung bzw. Revision der Niederlegungen von Tierskeletten innerhalb der
späturnenfelderzeitlichen Wallanlage von Stillfried an der March (Niederösterreich) angestrebt. Ein Teil dieser Skelette wurde
bereits in den 1980er-Jahren durch den Sammlungsleiter beschrieben. Inzwischen ist weiteres Material hinzugekommen, das Gegenstand
der laufenden Untersuchungen ist.
Es handelt sich bei diesen bisher ohne Parallelen dastehenden Tierdepositionen um mehr oder weniger vollständig erhaltene
Skelette verschiedener Haus- und Wildtierarten, unter denen besonders Wölfe, Füchse, Hasen, Hirsche und Rehe wegen ausgeheilten
Verletzungen, degenerativen Erkrankungen und teils auch außergewöhnlich hohen Lebensalter Rätsel aufgeben.
Sand
Um die genaueren ökonomischen Hintergründe und die inneren Strukturen der slawischen Burg weiter zu erforschen, wird nun im Zuge einer Doktorarbeit neues Knochenmaterial aus anderen Grabungsflächen in der Flur Sand aufgearbeitet. Die vorläufigen Daten deuten darauf hin, dass die Versorgung mit Haustieren nicht wie ursprünglich vermutet auf gut organisierte Einbindung der Landwirtschaft, sondern vor allem durch Plünderung von Bauernhöfen erreicht wurde.



