Abbau in der Hallstattzeit – Die Herzen

In der Hallstattzeit wurde das Salz in Platten aus dem Fels gelöst. Dabei anfallendes kleinstückiges Salz, wie es in der Bronzezeit verhandelt wurde, blieb am Boden zurück und wurde in der Folge mit dem Betriebsabfalls zum Heidengebirge zusammengepresst. Die Salzplatten wurden wahrscheinlich über schräge Stollen aus dem Berg getragen. Anthropologische Analysen der Skelette aus dem Hallstätter Gräberfeld legen nahe, dass die Männer das Salz abbauten und die Frauen es abtransportierten.

Salzplatten
Das kernige Heidengebirge
Transporttechnologie
Anthropologische Indizien zur Arbeitsorganisation
 

Salzplatten

Hatte man in der Bronzezeit kleinstückiges Salz gebrochen, so änderte sich dies in der folgenden Epoche. Nun löste man Salzplatten mit einer speziellen Technik aus dem Berg. Tiefe Rillen wurden herzförmig in den massiven Salzstock geschlagen. Von der Mitte her wurden dann die Herzhälften als Ganzes abgelöst. Die Negative der herausgelösten Salzplatten haben sich im eisenzeitlichen Hohlraum im Stügerwerk besonders eindrucksvoll erhalten. Sie sind von unschätzbarem Wert für die Rekonstruktion der hallstattzeitlichen Abbautechnologie. Eisenzeitliche Salzplatten wurden zweimal gefunden. Dabei handelt es sich um Platten, die jeweils die Form eines halben Herzens aufweisen. Trotz dieser guten Informationslage bleiben einige Fragen offen. Bei modernen Versuchen, solche Salzplatten zu brechen, gelang es nicht, diese zu lösen. Die Größe der Abbaufiguren und dementsprechend die Größe der Salzplatten variiert stark. Man erzeugte demnach keine nach Größe oder Gewicht genormten Platten, sondern ungenormtes Stücksalz. Die beiden bekannten Salzplatten sind etwa 12 kg und 42 kg schwer und hätten auch als Schulterlast aus dem Berg geschafft werden können. Allerdings sind auch Abbauspuren bekannt, die auf Salzplatten mit weit über hundert Kilogramm schließen lassen.
 

Das kernige Heidengebirge

Kleinstückiges Salz oder Hauklein scheint für die Bergleute der Eisenzeit, ganz im Gegensatz zur Bronzezeit, keinen Wert besessen zu haben. Der an zahlreichen Stellen nachgewiesene mächtige Bodensatz im hallstattzeitlichen Abbaurevier besteht hauptsächlich aus kleinstückigem Salz. Dieses Salz fiel beim Schrämmen der Herzen an, doch es wurde liegen gelassen. Das zurückgelassene Hauklein verfestigte sich zusammen mit Leuchtspänen und anderen menschlichen Hinterlassenschaften zum sogenannten kernigen Heidengebirge. Lediglich die Salzplatten wurden aus dem Berg transportiert. Ein erstaunlicher Befund, machte doch das Hauklein immerhin mehr als ein Zehntel des abgebauten Salzes aus. In seiner Zusammensetzung und Qualität unterscheidet es sich nicht von den Salzplatten. Während der Bronzezeit war eben dieses Salz das Handelsgut der Hallstätter Bergleute. Nicht nur im eisenzeitlichen Hallstatt legte man Wert auf Salzplatten und ließ das Hauklein am Produktionsort zurück. Beispielsweise in Mali, Westafrika, gelangen nur die Salzplatten zum zentralen Markt in Mopti, obwohl der Endverbraucher diese doch auf jeden Fall zerschlagen oder auflösen muss. Dies mag daran liegen, dass die Qualität von Salz mit einem Blick bewertet werden kann, wenn es in Plattenform vorliegt; als Salzgrus in Säcke gefüllt ist sie hingegen wesentlich schwieriger zu beurteilen.
 

Transporttechnologie

Mit der Umstellung der Salzproduktion von Hauklein auf Stücksalz änderte sich gezwungenermaßen auch die Transporttechnologie. Salzplatten hätten mit den ausgeklügelten Tragsäcken der Bronzezeit nicht transportiert werden können. Auch wurde das Salz nun nicht mehr mit Hilfe von Seilen und Wollsäcken über einen vertikalen Schacht an die Oberfläche befördert. Die Salzplatten dürften über schräge Stollen – sogenannte Schürfe – an die Oberfläche getragen worden sein. Das Tragen ist die Transporttechnologie der älteren Eisenzeit. Möglicherweise entwickelte sich hier ein neuer Berufsstand. Zu den Funden, die Aufschluss über den Lastentransport der Älteren Eisenzeit geben, zählen die Schuhe. Oftmals sind sie nicht an Ferse oder Zehen durchgescheuert, sondern in der Mitte – im Bereich des Fußgewölbes. Ein derartiges Abnutzungsmuster wird nur durch Leiter- oder Stiegensteigen hervorgerufen. Interessanterweise weisen vier der sechs bekannten Schuhe Größen von 31/32 und 34/35 auf. Größen also, die bei Kindern, Jugendlichen oder zierlichen Frauen anzutreffen sind.
 

Anthropologische Indizien zur Arbeitsorganisation

Die Untersuchungen der Skelette aus dem zeitgleichen Gräberfeld werfen ein interessantes Licht auf diese Fragestellungen. So wurden einseitige Abnutzungen, wie sie durch das Tragen von schweren Lasten auf einer Seite entstehen, hauptsächlich an Frauenskeletten festgestellt. All diese Beobachtungen legen nahe, dass Lastentransport, ob Salz, Grubenholz, Brennholz oder eingedrungenes Wasser, tragend und von Frauen bewerkstelligt wurde. Die Hallstätter Frauen zeigten sehr starke Muskelmarken bei Muskeln, die für die Beugung des Ellbogengelenks bzw. des Unterarms und das Heben, Tragen oder Ziehen schwerer Lasten zuständig sind. Einer dieser Muskeln ist der Musculus brachialis und setzt an der Elle an. Die Muskelmarken an den oberen Enden der rechten Ellenknochen zeigen von links nach rechts eine leichte, mittlere und starke Ausprägung. Zwei Trageweisen sind aufgrund der Muskelmarken denkbar. Entweder wurde eine schwere Last von einer Person mit einem über die Schulter laufenden Riemen bewältigt oder von zwei Personen mit einer Tragstange transportiert.Die Abnutzungsspuren an den männlichen Skeletten aus dem Gräberfeld weisen auf eine sehr starke Beanspruchung der Muskulatur im Bereich des Schultergürtels hin. Das Brechen von Salz mit einem Pickel würde ein solches Abnutzungsmuster hervorrufen. Im Übrigen zeigen auch Kinderskelette aus dem Gräberfeld Abnutzungsspuren, die auf harte Arbeit schließen lassen. Möglicherweise wurden Kinder bereits in sehr jungem Alter durch einfache Tätigkeiten, wie Halten und Überwachen der Leuchtspäne, in den Arbeitsablauf im Bergwerk eingebunden und konnten so langsam in den Betrieb hineinwachsen.

: Eine der zahlreichen herzförmigen Abbauspuren im Stügerwerk. (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
Eine der zahlreichen herzförmigen Abbauspuren im Stügerwerk. (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
: Eine der aufgrund der Muskelmarken denkbaren Tragvarianten: Die Last könnte mit einer Transportstange getragen worden sein. (Bild: M. Klein, Medienagentur 7reasons)
Eine der aufgrund der Muskelmarken denkbaren Tragvarianten: Die Last könnte mit einer Transportstange getragen worden sein. (Bild: M. Klein, Medienagentur 7reasons)
: Schlägel-Eisen-Technik im Einsatz: An fast allen der keulenförmigen Schäftungsköpfe wurde ein stark zerfaserter Bereich festgestellt. Dieser Bereich liegt an der Hinterseite des Kopfes gegenüber der Spitze. Daher wird angenommen, dass man zumindest fallweise die Schlägel-Eisen-Technik anwendete. Dabei wurde die Spitze des Pickels am Salzstein angesetzt und dann durch Hiebe mit einem Holzschlägel hinten auf die Schäftung in das Gestein eingetrieben. (Foto: H. Reschreiter - NHM Wien)
Schlägel-Eisen-Technik im Einsatz: An fast allen der keulenförmigen Schäftungsköpfe wurde ein stark zerfaserter Bereich festgestellt. Dieser Bereich liegt an der Hinterseite des Kopfes gegenüber der Spitze. Daher wird angenommen, dass man zumindest fallweise die Schlägel-Eisen-Technik anwendete. Dabei wurde die Spitze des Pickels am Salzstein angesetzt und dann durch Hiebe mit einem Holzschlägel hinten auf die Schäftung in das Gestein eingetrieben. (Foto: H. Reschreiter - NHM Wien)
: Die zweite der , aufgrund der Muskelmarken denkbaren, Tragweisen: Die schwere Last wurde von einer Person mit einem über die Schulter laufenden Riemen bewältigt. (Bild: M. Klein, Medienagentur 7resasons)
Die zweite der , aufgrund der Muskelmarken denkbaren, Tragweisen: Die schwere Last wurde von einer Person mit einem über die Schulter laufenden Riemen bewältigt. (Bild: M. Klein, Medienagentur 7resasons)
: Wände und Decke des erhaltenen Hohlraumes im Stügerwerk sind dicht mit eisenzeitlichen Arbeitsspuren bedeckt. Sie bilden herzförmige Abbaufiguren. Dabei handelt es sich um die Negative der herausgelösten Salzplatten. Dieser einmalige Befund war und ist durch den fortschreitenden Verbruch des Werkes gefährdet. 1980 wurde ein großangelegtes Sanierungsprojekt gestartet, das vom Bundesdenkmalamt, der Oberösterreichischen Landesregierung und den Salinen Austria AG finanziert wurde. (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
Wände und Decke des erhaltenen Hohlraumes im Stügerwerk sind dicht mit eisenzeitlichen Arbeitsspuren bedeckt. Sie bilden herzförmige Abbaufiguren. Dabei handelt es sich um die Negative der herausgelösten Salzplatten. Dieser einmalige Befund war und ist durch den fortschreitenden Verbruch des Werkes gefährdet. 1980 wurde ein großangelegtes Sanierungsprojekt gestartet, das vom Bundesdenkmalamt, der Oberösterreichischen Landesregierung und den Salinen Austria AG finanziert wurde. (Foto: A. W. Rausch - NHM Wien)
: Die Hallstätter Frauen zeigten sehr starke Muskelmarken bei Muskeln, die für die Beugung des Ellbogengelenks bzw. des Unterarms und das Heben, Tragen oder Ziehen schwerer Lasten zuständig sind. Einer dieser Muskeln ist der Musculus brachialis und setzt an der Elle an. Die Muskelmarken an den oberen Enden der rechten Ellenknochen zeigen von links nach rechts eine leichte, mittlere und starke Ausprägung. (Foto: W. Reichmann - NHM Wien)
Die Hallstätter Frauen zeigten sehr starke Muskelmarken bei Muskeln, die für die Beugung des Ellbogengelenks bzw. des Unterarms und das Heben, Tragen oder Ziehen schwerer Lasten zuständig sind. Einer dieser Muskeln ist der Musculus brachialis und setzt an der Elle an. Die Muskelmarken an den oberen Enden der rechten Ellenknochen zeigen von links nach rechts eine leichte, mittlere und starke Ausprägung. (Foto: W. Reichmann - NHM Wien)
  
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