Farbenpracht und Färbetechnik

Blau, Gelb, Rot, Grün, Braun und Schwarz – die Hallstätter Textilfunde zeugen von der Farbenvielfalt prähistorischer Textilien. Die Erhaltung der Farben von bronze- und eisenzeitlichen Textilien – in Europa eine Seltenheit – ist der konservierenden Wirkung des Salzes und des im Bergwerk herrschenden konstanten Klimas zu verdanken. Mithilfe spezialisierter Untersuchungsmethoden, wie der chromatographischen Farbstoffanalytik, konnten Expertinnen nachweisen, dass bereits in der Bronze- und der Hallstattzeit komplexe Färbetechniken bekannt waren.

Färbetechniken
Blaufärben
Gelb- und Rotfärben
Gelbfärben
Rotfärben
Grünfärben
Braun- und Schwarzfärben
Schwarzfärben
 

Färbetechniken

Der Nachweis von Küpenfarbstoffen, Direktfarbstoffen und Beizenfarbstoffen in bronze- und eisenzeitlichen Hallstatt-Textilien weist darauf hin, dass alle drei, für das Färben mit Naturfarbstoffen wichtigen Textilfärbetechniken bereits bekannt waren: Küpenfärberei, Direktfärberei und Beizenfärberei. Für viele Farbnuancen waren aufwendige Doppel- und Mehrfachfärbungen nötig. Die mikroskopische Analyse lässt erkennen, dass Waidblau auch nach dem Spinnen und Weben gefärbt wurde. Bei einer Garnfärbung konnte das Blau oft nicht bis ins Innere vordringen, bei einer Stückfärbung verhinderten darüber liegende Fäden die regelmäßige Blaufärbung eines Fadens. Der große Aufwand der Färbeverfahren, vor allem für Blau- und Schwarztöne, lässt vermuten, dass blaue und schwarze Gewänder wegen des Kontrastes zum blank polierten Bronze- und Eisenschmuck beliebt waren.
 

Blaufärben

Indigotin mit der Nebenkomponente Indirubin sind charakteristisch für die Färbung mit einer Indigopflanze, bei der es sich im bronze- und hallstattzeitlichen Europa nur um den Färberwaid handeln kann. Die Entdeckung eines blauen Pigments im Färberwaid und die Entwicklung der Küpenfärberei ermöglichten das Blaufärben. Das aus der Pflanze gewonnene wasserunlösliche blaue Indigotin, ein organisches Pigment und Küpenfarbstoff, wurde in einer Fermentationsküpe durch Reduktion in eine wasserlösliche gelbliche Verbindung umgewandelt. In diese Küpe getauchtes Vlies, Garn oder Gewebe nahm danach an der Luft eine Waidblaufärbung an, weil der Sauerstoff die gelbe Verbindung zu blauem Indigotin oxidierte. In der Hallstattzeit wurden Waidblaufärbungen mit Gerbstoffen, mit gelben und mit roten Farbstoffen nuanciert.
 

Gelb- und Rotfärben

Mit gelben und roten wasserlöslichen Farbstoffen kann man zwar auch ohne Zusätze färben, aber dauerhafte Färbungen erzielte man nur unter Anwendung von Gerbstoffen oder aluminium-, kupfer- und eisenhaltigen Beizmitteln (Beizenfärberei). Während eine aluminiumhaltige Beize den Farbton nicht verändert, führt der Kontakt mit Kupfer und Eisen zu einem Abdunkeln der Farben; zum Beispiel werden gelbe Flavonoidfärbungen mit Kupfer olivgrün und mit Eisen olivbraun. Diese chemischen Elemente stammen entweder aus bei der urgeschichtlichen Färberei benutzten Beizmitteln oder aus dem Heidengebirge des Hallstätter Salzbergwerks. Als Quelle für Aluminium und Eisen kommen Mineralien in Frage, als Kupferquelle abgebrochene Bronzepickelspitzen.
 

Gelbfärben

Zahlreiche Pflanzen enthalten gelbe Flavonoide, die sich als Beizenfarbstoffe zum Färben von Textilien eignen. Da die gleichen Farbstoffe oft in verschiedenen Pflanzen vorkommen, ist ihre Herkunft häufig nicht eindeutig zu klären. Dabei spielt auch eine Rolle, dass durch den im Laufe der Jahrhunderte erfolgten chemischen Abbau charakteristische Nebenfarbstoffe in den gefärbten Textilien unter der Nachweisgrenze liegen. Für Färbungen der Hallstatt-Textilien, in denen Luteolin und Apigenin detektiert wurden, kommen der Färberwau, der Färberginster, die Schafgarbe und der Löwenzahn in Frage, für jene die nur Apigenin enthalten die Geruchlose Kamille.
 

Rotfärben

Leider eignen sich die, in roten und blauen Blüten und Früchten vorkommenden, Anthocyane nicht für die Textilfärberei. Um dauerhafte Rotfärbungen auf Textilien erzielen zu können, mussten die roten Anthrachinone entdeckt werden. Diese Beizenfarbstoffe, welche Textilfärbungen mit den besten Farbechtheitswerten ergeben, sind aber in der Natur nur selten zu finden, nämlich in Rhizomen der Rötegewächse und in Färbe-Insekten. Wie die Untersuchung der Hallstatt-Textilien ergab, hatten die Menschen der Bronze- und Eisenzeit diese bereits entdeckt.

Der Nachweis des roten Anthrachinons Purpurin in einem jetzt olivfarbenen Textil bewies, dass man Pflanzen aus der Familie der Rötegewächse, höchstwahrscheinlich Labkräuter, bereits in der Bronzezeit zum Rotfärben verwendete. Die Detektion von Orcein, eines roten, nicht lichtechten Farbstoffes, ist ein Hinweis auf die Verwendung von aus Flechten gewonnener Orseille in der Hallstattzeit. In hallstattzeitlichen Textilien wurde auch ein Anthrachinon detektiert, welches der roten Karminsäure gleicht. Quelle für diese Färbungen dürften Färbeinsekten mit Karminsäure als Hauptfarbstoff sein. Die Polnische Cochenille lebt in Nordosteuropa und die Armenische Cochenille um den Berg Ararat in Westasien. Weil Färbeinsekten nicht in der Umgebung von Hallstatt heimisch waren, müssen entweder die Insekten selbst oder die gefärbten Textilien importiert worden sein.
 

Grünfärben

Das Chlorophyll der Pflanzen eignet sich nicht für die Textilfärberei. Schon in der Hallstattzeit war bekannt, dass diese Grüntöne nur mit Doppelfärbung zu erzielen sind: Waidblau mit Küpenfärberei und Gelb mit Beizenfärberei. Olivgrüne Textilien entstehen bei einer Gelbfärbung durch den Einfluss von Kupfer, sei es durch Beizmittel schon beim Färben oder erst im Salzbergwerk während ihrer Lagerung in der Nähe von abgebrochenen Bronzepickelspitzen. Durch im Heidengebirge vorhandene Kupfer- und Eisenverbindungen kann auch ungefärbte helle Wolle olivgrüne und olivbraune Farben annehmen.
 

Braun- und Schwarzfärben

Zum Braunfärben geeignete Gerbstoffe, die sich aus Rinden, Früchten und Gallen gewinnen ließen, und die sich ohne Zusatzstoffe mit Textilfasern verbinden (Direktfärberei) sind in braunen Hallstatt-Textilien nicht nachzuweisen, wohl aber in schwarzen. Braune Fäden bronzezeitlicher Textilien bestehen vielfach aus ungefärbter brauner Schafwolle. In zahlreichen Brauntönen von hallstattzeitlichen Fragmenten wurden gelbe Farbstoffe detektiert. Die Brauntöne entstanden entweder schon in der urgeschichtlichen Färberei durch zusätzliches Färben mit roten und blauen Farbstoffen und durch die Anwendung von kupfer- oder eisenhaltigen Beizmitteln oder erst während der Lagerung im Salzbergwerk unter dem Einfluss von Eisen und Kupfer.
 

Schwarzfärben

Die Analyseresultate weisen darauf hin, dass schon in der Bronze- und Eisenzeit eine Eisengallus-Schwarzfärbung durch Kombination von Gerbstoffen und eisenhaltigen Materialien erzeugt wurde. Das zusätzliche Färben mit Waidblau, gelben und/oder roten Farbstoffen führte zu besonders dunklen Schwarztönen.


 
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Nachweis einer Garnfärbung in einem eisenzeitlichen Textil aus Hallstatt. Die Waidblaufärbung konnte nicht bis ins Innere des Wollgarns vordringen. Im Garnzentrum liegende Faserabschnitte bleiben ungefärbt. (Bild: R. Hofmann-de Keijzer, ARCH)
: Blühender Färber-Waid in der Wachau. Aus den Blättern (der im ersten Jahr gebildeten Blattrosette) wurde seit der Bronzezeit Waidblau für die Textilfärberei gewonnen. (Bild: R. Hofmann-de Keijzer, ARCH)
Blühender Färber-Waid in der Wachau. Aus den Blättern (der im ersten Jahr gebildeten Blattrosette) wurde seit der Bronzezeit Waidblau für die Textilfärberei gewonnen. (Bild: R. Hofmann-de Keijzer, ARCH)
: Getrocknete Färbepflanzen. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
Getrocknete Färbepflanzen. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
: Gefärbte Garne. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
Gefärbte Garne. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
: Ein Färbebad. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
Ein Färbebad. (Bild: K. Grömer - NHM Wien)
  
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