Aktuelle Forschungen am Hallstätter Gräberfeld

Seit 1993 führt die Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien, zunächst unter Leitung von Anton Kern, derzeit durch seinen Nachfolger Johann Rudorfer, die modernen Untersuchungen am Gräberfeld im Hallstätter Hochtal durch. Die Neugrabungen förderten inzwischen nicht nur über 100 Bestattungen zu Tage und lieferten damit erstmals Anhaltspunkte zur ursprünglichen Belegungsdichte des Friedhofes. Sie führten auch durch die vollständige Bergung der keramischen Beigaben zu neuen Erkenntnissen über die Grabausstattungen, die den eindrucksvollen Warenaustausch zwischen den prähistorischen Hallstättern und der gesamten damals bekannten Welt belegen.

Zahlen, Daten, Fakten

Veranlasst durch den Bau eines Kanals und einer Druckrohrleitung in den Jahren 1993 und 1994 am nördlichen Rand des bekannten Gräberfeldes, begann die Prähistorische Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien zuerst mit baubegleitenden Untersuchungen und führt seitdem die alljährlichen systematischen Arbeiten im Hochtal weiter. Bis heute ergänzten über 100 neue Bestattungen die alt gegrabenen Fundbestände. Viele Erkenntnisse konnten durch die neuen Grabungen bestätigt bzw. erweitert werden, aber auch vollkommen neue Ergebnisse zu Struktur, Aufbau und Ausstattung der Gräber wurden erzielt. Auffallend ist die hohe Belegungsdichte in den untersuchten Arealen. So konnten auf „nur“ 150 m2 unterhalb des ehemaligen Ökonomiegebäudes 75 Grablegungen freigelegt werden. Insgesamt werden auf dem Areal, das seit 1846 archäologisch erforscht wird, weit mehr als 5.000 Bestattungen vermutet.

Eine weitere wichtige Folge der Neugrabungen ist die Bergung der „Keramikgefäße“, die vor allem von den Ausgräbern im 19. Jahrhundert wegen des schlechten Erhaltungszustandes nur in seltenen Fällen aus der Erde genommen wurden. So stehen 50 Tongefäßen aus 980 Grabstätten der Grabungen Johann Georg Ramsauers ca. 350 Töpfe, Schüsseln, Schalen und Tassen aus den Gräbern der jüngsten Untersuchungen gegenüber.



: Grab N1 der neuen Grabungen im Jahr 1993, weibliche Körperbestattung © PA NHM Wien
Grab N1 der neuen Grabungen im Jahr 1993, weibliche Körperbestattung © PA NHM Wien
: Digitale Dokumentation der alten und neuen Grabungsbefunde in und um die Steinbewahrersölde © NHM Wien; Chr. Zingerle
Digitale Dokumentation der alten und neuen Grabungsbefunde in und um die Steinbewahrersölde © NHM Wien; Chr. Zingerle
: Arbeitsfoto der Ausgrabungen bei der „Steinbewahrersölde“ 2007 © PA NHM Wien
Arbeitsfoto der Ausgrabungen bei der „Steinbewahrersölde“ 2007 © PA NHM Wien
: Dokumentation der Fundsituation mit sehr dichter Grablegung © PA NHM Wien
Dokumentation der Fundsituation mit sehr dichter Grablegung © PA NHM Wien


Grabungsbereich Langmoosbach-Süd


Bereits in den Jahren 2009 bis 2013 wurden über die gesamte Ausdehnung des Grabungsschnittes in einer Tiefe von nur 40 bis 100 cm mehrere hallstattzeitliche Gräber freigelegt.

Beindruckende Gräber

Besonders beeindruckend war ein Frauengrab mit mehr als 500 Perlen, vor allem aus Bernstein. Einige Meter südlich davon lagen die Überreste eines großen Kriegers, der unter anderem mit einem prunkvollen Gürtelblech aus Bronze und einem goldenen Ohrring bestattet worden war. 
Unmittelbar daneben wurde ein weiteres Frauengrab mit den verbrannten Gebeinen einer wohl sehr hoch angesehenen Person entdeckt; neben den Brandresten befand sich eine reichverzierte Bronzeschale mit einem Handgriff in Form einer Kuh mit Kälbchen – das beeindruckende, sogenannte Kuh-Kälbchen-Gefäß. Anschließend, in nordöstlicher Richtung, befand sich das Skelett eines weiteren sehr groß gewachsenen Mannes, der auf einem vollständigen Bärenfell bestattet worden war, wie sich aus den Krallen schließen lässt. Etwas oberhalb des Schädels lag ein prunkvoller Bronzedolch, vielleicht ebenfalls eine Grabbeigabe.
 
Diese Bestattungen ergänzen unser bisheriges Wissen über den bedeutenden Friedhof der frühen Eisenzeit im Hallstätter Hochtal, der zwischen ca. 800 und 370 vor Chr. genutzt wurde. 

Sensationeller Fund 

Eine wahre Sensation erwartete die Archäolog*innen des NHM Wien jedoch tiefer im Boden. Luftdicht abgeschlossen unter einer mächtigen Murenablagerung aus Geröll und Lehm, war eine komplexe Holzkonstruktion über 3.000 Jahre lang im Boden erhalten geblieben. Sie stammt aus der Spätbronzezeit und wurde im Jahr 1139 vor Chr. errichtet. Diese exakte zeitliche Einordnung wird durch dendrochronologische Datierung ermöglicht, wofür man sich das unverwechselbare Jahresring-Muster der verwendeten Bauhölzer zunutze macht. 
 
Der Blockbau hat seine Lage über die Jahrtausende kaum verändert. Der äußere Teil konnte nicht zur Gänze erfasst werden, da ein großer Teil davon außerhalb des Untersuchungsschnittes liegt. Insgesamt dürfte er mindestens 5 x 5 m groß sein. Sehr auffallend sind regelmäßig eingehackte, dreieckige Kerben, wie sie bisher nicht bekannt waren. Die Seitenwände der Außenkonstruktion sind an den Ecken klassisch miteinander verblockt.
 
Der Innenbau ist eine Mischkonstruktion aus Block- und Ständerbau. Er wurde aus parallelen Doppelwänden errichtet, die Zwischenräume wurden mit dichtem Lehm aufgefüllt; so entstand eine wasserundurchlässige Konstruktion von rund 2 x 2 m mit einer Tiefe von 150 cm.  Das untere Ende der Holzkonstruktion lag knapp 5 m unter der heutigen Bodenoberfläche, was beim Freilegen eine zunehmende Herausforderung für die Ausgräber*innen darstellte.
 

Hoch über dem heutigen Ortszentrum liegt der archäologische Reichtum des Salzkammerguts vergraben. Die Animation zeigt das Ergebnis mehrerer Ausgrabungskampagnen des NHM Wien an der Untersuchungsstelle „Langmoosbach-Süd“ am Hallstätter Salzberg.


Offene Fragen 

Neben dem hervorragenden Erhaltungszustand der Konstruktion stellen zahlreiche Artefakte aus organischem Material ebenfalls einen wahren Schatz für die archäologische Forschung dar. Darüber hinaus haben sich in dem feuchten Milieu unter Luftabschluss zahlreiche botanische und zoologische Reste erhalten. Die noch ausstehenden Analysen werden wertvolle Aussagen über die Klima- und Umweltverhältnisse um 1.100 vor Chr. ermöglichen. 
Wofür die Konstruktion diente, wissen wir noch nicht. Sie war sicher kein Wohnraum, sondern wurde wohl wirtschaftlich genutzt. Sie weist große Ähnlichkeiten mit Gebäuden auf, die zum Einpökeln von Fleisch verwendet wurden, unterscheidet sich aber durch wesentliche Merkmale völlig von diesen. 
Wie die jüngsten Funde aus dem Schüttmaterial verraten, wurde die Konstruktion Mitte des 11. Jahrhunderts vor Chr. verschüttet, um dann für mehr als 3.000 Jahre in Vergessenheit zu geraten. 

Besuch vor Ort 

Die Untersuchungen in diesem Areal sind noch nicht abgeschlossen und alljährlich werden im Sommer von der Prähistorischen Abteilung des NHM Wien weitere Grabungen durchgeführt.
Bei Interesse können Sie diese gerne besuchen! 
 
Wollen Sie mehr erfahren? Besuchen Sie gern das 3D-Museum des NHM Wien und entdecken Sie 3D-Visualisierungen und Modelle aus dem prähistorischen Bergwerk der NHM-Außenstelle in Hallstatt. 

Grabungsbereich Steinbewahrersölde


Die modernen Ausgrabungen konzentrieren sich dabei auf einen Bereich der während der ersten Ausgrabungen im 19. Jahrhundert und bis ins 20. Jahrhundert hinein von dem Holzbau der Steinbewahrersölde, überdeckt war.
Die Steinbewahrersölde war ursprünglich eine Unterkunft für die „Felsputzer“, die dafür sorgten, dass die Bewohner im Hochtal nicht durch herabfallende Fels- und Gesteinsbrocken Schaden erlitten. Wahrscheinlich schon im 18. Jahrhundert errichtet, war das Gebäude bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in Betrieb. Verschiedene Umstände führten dazu, dass gerade dieses Gebiet in den letzten 160 Jahren mehrfach archäologisch untersucht wurde.

Die ersten Ausgrabungen führte Johann Georg Ramsauer in den Jahren 1847, 1848, 1851 und 1855 durch, insgesamt 7 Körper- bzw. Brandbestattungen umgaben die Arbeiterunterkunft. 1886 leitete Josef Szombathy vom k. k. Naturhistorischen Hofmuseum die Untersuchungen, die diesmal im Inneren des Hauses stattfanden. Vier Brandgräber und drei Körpergräber bestätigten Szombathys Überlegung: wenn draußen was zu finden ist, warum sollte unterhalb des Bretterbodens nicht auch etwas zu entdecken sein? Die neueren Grabungen der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien von 2003 bis 2008 ergänzen mit weiteren 25 Brand- und Körpergräbern die Gesamtanzahl auf beinahe 50 Beisetzungen. Das Areal in und um die Sölde zählt damit zu den am besten untersuchten Bereichen im Gräberfeld. Beeindruckend ist auch hier, wie schon an anderer Stelle der neuen Ausgrabungen, die hohe Dichte an Grablegungen.
  
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