Der Dürrnberg – Ein mächtiger Konkurrent

Etwa 15 Kilometer südlich von Salzburg liegt der neben Hallstatt vermutlich bedeutendste eisenzeitliche Fundort Österreichs, der Dürrnberg bei Hallein. Die reichen Salzlagerstätten des Dürrnbergs zogen schon in der Jungsteinzeit und in der Bronzezeit Menschen an. Der organisierte Abbau des Salzes setzt aber, anders als in Hallstatt, erst in einer späten Phase der Hallstattzeit, in der ersten Hälfte des 6. Jh. v. Chr., ein.

Hallstatt  und Dürnnberg - Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Beginn der Salzgewinnung am Dürrnberg
Die frühe Abbauphase
Ernährung der Bergleute
Verwendete Werkzeuge
Geräte- und Kleidungsfunde
Abbautechnik am Dürrnberg
Veränderungen im 4. Jahrhundert
Durchgängige Bergbauentwicklung am Dürrnberg
Ende des Bergbaus am Dürrnberg
 

Hallstatt  und Dürnnberg - Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Neben Hallstatt stellt der Dürrnberg bei Hallein den zweiten großen und überregionalen Salzproduzenten des Ostalpenraumes dar. Vieles verbindet diese Salzbergbauorte, dennoch existieren auch deutliche Unterschiede. Der Dürrnberg ist auf Grund seiner verkehrsgünstigen Alpenrandlage eher als Hallstatt geeignet, stabile wirtschaftliche Strukturen aufzubauen. Umso erstaunlicher, dass Hallstatt und nicht dem Dürrnberg die Vorreiterrolle im untertägigen Salzbergbau zukommt. Vielleicht war gerade die Ökonomie des Salzachtales bis weit in die Eisenzeit auf den Kupfererzbergbau des Salzach-Pongau-Raumes konzentriert, was eine bergmännische Erschließung der Steinsalzlager des Dürrnbergs verhindert haben mag.
 

Beginn der Salzgewinnung am Dürrnberg

Bekannt war die Lagerstätte Dürnnberg sicherlich seit dem 5. Jahrtausend v. Chr. Das belegen zahlreiche Funde von der Oberfläche. Nach Jahrzehnten intensiver Forschung gilt heute als gesichert, dass die Salzlagerstätte des Dürrnbergs erst im 6. Jh. v. Chr. aufgefahren wurde. Dieser wirtschaftliche Umschwung findet in einer Zeit statt, als sich auch im Umfeld des Salzburger Beckens bemerkenswerte Siedlungsverdichtungen ankündigen. Es dürften „Unternehmergruppen“ des Alpenvorlandes wie auch des Salzburger Beckens gleichermaßen an der Erschließung des Salzlagers am Dürrnberg beteiligt gewesen sein. Letztlich ging es um die Befriedigung des im 6. und 5. Jh. v. Chr. in Süddeutschland, Westösterreich und Böhmen gestiegenen Salzbedarfs.
 

Die frühe Abbauphase

Die seit 1989 eingeleiteten Untertageforschungen belegen, dass schon im 6. Jh. v. Chr. mehrere Gruben zugleich betrieben wurden: Es wurde also mit beträchtlichen Kenntnissen ans Werk gegangen. Von Anbeginn wurden mehrere Mundlöcher vor allem in den weichen Flanken des Hahnrainberges wie auch am Lettenbühel angelegt. Die daraus entstandenen Grubenbaue wurden schrittweise vergrößert und erweitert. Bis zum Beginn des 4. Jh. v. Chr. kommen zwei weitere Grubenbaue hinzu. Vorsichtigen Schätzungen zufolge musste das in dieser Zeit vielfältig ausgebaute Gemeinwesen des Dürrnberges mindestens 200 Bergleute versorgen, die wohl ganzjährig dem Salzabbau nachgingen.
 

Ernährung der Bergleute

Aufschlussreich sind in dieser Hinsicht die zahlreichen Exkremente von Bergleuten. Die botanischen Analysen der Exkremente lassen auf saisonbedingte Mahlzeiten schließen. Sichere Nachweise für Sommer und Herbst liefert frisches Sammelobst. Die Interpretation pollenanalytischer Daten ist schwieriger. Bislang ist Bergbautätigkeit für Winter und Frühjahr nachgewiesen. Andere sommerblühende Pollen können nicht eindeutig interpretiert werden, da sie auch als Nahrung aufgenommen worden sein können. Am Dürrnberg lässt sich nun auch ein Hauptgericht rekonstruieren, das dem Hallstätter Ritschert nicht unähnlich gewesen ist. Auffällig ist, dass die Bergleute am Dürrnberg nur sehr knochenarmes Fleisch gegessen haben. Tierknochenreste  fehlen bis heute im Heidengebirge des Dürrnberges. Spuren von Muskelfasern in den Exkrementen belegen aber die fleischliche Nahrung.
 

Verwendete Werkzeuge

Die Bergleute in Hallein setzten von Beginn an auf ein neues Gerät, den Eisenpickel. Im haselgebirgsreichen Mischgebirge des Dürrnbergs wurden eine kurzstielige Keilhaue in Kombination mit schweren Tüllenäxten und Dechseln als Zimmermannsgerät eingesetzt. Geschärft wurde in der Regel mit Schleifsteinen aus Quarzit und Kieselschiefern. Einzelne dieser Geräte stammen von weiter her, nämlich von südlich des Alpenhauptkammes. Möglicherweise sind manche dieser unscheinbaren Stücke ein Fingerzeig auf die Einbindung des alpinen Hinterlandes.
 

Geräte- und Kleidungsfunde

Den Analysen der Tierknochenassemblagen des Ramsautales zufolge war diese Region auch die Heimat der Dürrnberger Schafrasse. Geräte- und Kleidungsfunde aus dem Salzbergwerk zeugen von einer sehr zweckmäßigen, aber auch einer sehr einheitlichen Ausstattung der Bergleute. Dass diese wohl standardmäßig vorbereitet wurde, lässt sich an den tierischen Häuten, den Holzgeräten und den Leuchtspänen verdeutlichen. Ausgrabungen im Ramsautal haben gezeigt, dass dort entsprechende Werkstätten existierten. Die Felle stammen meist vom Rind. Es lieferte auch einen Großteil der Schutzkleidung bzw. der funktionalen Fellobjekte der Grube (Riemen, Fördersäcke, Taschen, Schuhe u.a.). Die großen Tierknochenmengen lassen vermuten, dass das Rind nicht nur zur Versorgung der Bergbaugemeinde diente, sondern vor Ort für den Export von Pökelfleisch verarbeitet wurde.
 

Abbautechnik am Dürrnberg

Salz wurde im Dürrnberg sicherlich nicht nur in reinen Salzstücken gefördert, sondern auch als salzreiches Haselgebirge, das sich für Fleischkonservierung gut eignet. Bemerkenswert sind dabei die Unterschiede zwischen einzelnen Abbauzonen: Im Abbaurevier „Ferro-Schachtricht“ betrieb man einen sehr ausgewählten „Filetbergbau“ auf die reichsten Steinsalzzonen, an anderen Stellen hat man sich auch im salzreichen Haselgebirge umgetan. Die aus Hallstatt bekannte Abbautechnologie der Älteren Eisenzeit wurde am Dürrnberg beträchtlich weiterentwickelt. Am augenfälligsten ist dabei der in Etagen vorgenommene Abbau, der einzelnen Salzlagen mit schwebenden Zwischensohlen folgte.

Daneben wurde in anderen Bauen immer söhlig und im Firstenbau erweitert. Ein einzigartiges Zeugnis hiervon ist das 34 m lange und bis 15 m hohe Grabungsprofil aus dem Georgenberg. Dort kam es während des 4. Jh. v. Chr. zeitweise zu einem Niedergang des Abbaues, der, wie großflächige Tonlagen zeigen, auf einen Wassereinbruch zurückzuführen ist. Erst im späten 3. Jh. v. Chr. ist erneut eine Auffahrung des Grubenbaues nachzuweisen. In dieser Zeit beobachten wir insgesamt eine neuerliche Intensivierung des Salzbergbaues. Auch andere Grubenbaue des Dürrnbergs lassen Wassereinbrüche erkennen. Möglicherweise stehen auch die 1577 und 1616 geborgenen Salzleichen, die „Männer im Salz“, mit diesen Unglücken in Zusammenhang.
 

Veränderungen im 4. Jahrhundert

Der im Georgenberg geborgene Mann könnte direkt mit unserer Grabungsstelle zusammenhängen. Ob diese Unglücke mit kurzfristigen Klimaverschlechterungen des 4. Jhs. v. Chr. zusammenhängen und somit etwa auch den endgültigen Abbruch des Ostgruppenbergbaues in Hallstatt begründen, mag dahingestellt sein. Doch ist zu bedenken, dass das Alpenvorland im späteren 4. Jh. v. Chr. äußerst spärlich besiedelt war. Tatsächlich wäre an eine Krise der Siedlungslandschaften nördlich von Hallstatt und des Dürrnbergs zu denken. Es spricht für die Wirtschaftskraft des Dürrnbergs, dass er als Salzproduzent auch in dieser Zeit weitergeführt wurde: Gerade jetzt werden die Belege für Kontakte in das inneralpine Gebiet deutlicher greifbar. Auch Kontakte nach Südwestdeutschland und in den Osten bleiben noch im späteren 4. und im 3 Jh. v. Chr. bestehen. Der Dürrnberg überlebt als Wirtschaftsmetropole bis in die Spätlatènezeit.
 

Durchgängige Bergbauentwicklung am Dürrnberg

Nicht nur fortgesetzte Aktivität und Wiederauffahrung alter Lagerstättenteile sind zu erkennen. Im Westen und Süden der Lagerstätte fährt man sogar neue Reviere auf: Die bisher bekannten Abbaubereiche werden jetzt scheinbar nicht mehr so groß wie die alten Abbauhallen. Bisher fehlt uns moderne Forschung in fast allen diesen Bereichen, sodass der Eindruck ein vorläufiger sein mag. Einzelne Fundstellen sind aber etwas besser bekannt und jüngst sogar untersucht worden. Dabei zeigte sich eine weiterhin erstaunlich gleichförmige Gerätekultur, die sich von jener der älteren Späthallstatt- und Frühlatènezeit praktisch nicht unterscheidet. Dies belegt auch von anderer Seite die letztlich durchgängige Bergbauentwicklung am Dürrnberg.
 

Ende des Bergbaus am Dürrnberg

Interessant ist die Frage nach dem Ende des eisenzeitlichen Bergbaus auf dem Dürrnberg. Insgesamt lassen sich die Bergbauaktivitäten bis an das Ende der Eisenzeit datieren, doch sind gerade nachoppidazeitliche Funde (nach der Mitte des 1. Jh. v. Chr.) sehr selten. Einzelne Radiokarbondaten könnten überdies noch jüngere Aktivitäten in der frühen Kaiserzeit andeuten, doch ist bisher unklar, wie sie sich zur älteren spätlatènezeitlichen Salzgewinnung verhalten. Die bisher bekannten Oberflächenfunde bestätigen einen langsamen Abschwung der Salzgewinnung, die mit dem Beginn der Römerherrschaft im Ostalpenraum höchstens noch auf lokaler Basis betrieben wurde.


 
: Dürrnberg bei Hallein, 1932: Ansicht von Südwesten auf das damals noch kaum verbaute Mosersteinplateau und das Salzachtal. (Bild: Archiv J. F. Schatteiner, Hallein, Bad Dürrnberg)
Dürrnberg bei Hallein, 1932: Ansicht von Südwesten auf das damals noch kaum verbaute Mosersteinplateau und das Salzachtal. (Bild: Archiv J. F. Schatteiner, Hallein, Bad Dürrnberg)
: NO-/N-Profil der Fundstelle 4 im Vorhaupt des Georgenberg-Horizontes, Stand 2006/2007. (Bild: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Th. Stöllner, Umsetzung: G. Steffens)
NO-/N-Profil der Fundstelle 4 im Vorhaupt des Georgenberg-Horizontes, Stand 2006/2007. (Bild: Deutsches Bergbau-Museum Bochum, Th. Stöllner, Umsetzung: G. Steffens)
: Phasenkartierung auf Basis des Gruben- und Haldenplans. (Bild: B. Schroth/Vorgeschichtliches Seminar der Philipps-Universität Marburg. Entwurf: Th. Stöllner)
Phasenkartierung auf Basis des Gruben- und Haldenplans. (Bild: B. Schroth/Vorgeschichtliches Seminar der Philipps-Universität Marburg. Entwurf: Th. Stöllner)
  
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